Sportbootrichtlinie 94/25 EG - Auslegungskategorie D für unsere Lis - doch wohl schon lange nicht mehr zeitgemäß?

  • Hallo Lis - Segler,


    ein Thema, dass mich schon länger bewegt ist die aus meiner Sicht schon lange nicht mehr zutreffende Einordnung unserer Lis (hier speziell Family und 6.0) in die Auslegungskategorie D! Ich habe den Auszug aus der betreffenden EG Richtlinie unten angehängt, wonach die Lis nur bis Windstärke 4 und max. Wellenhöhe bis 0,3m und dann nur in "Kleinstgewässern" zugelassen ist.


    Unabhängig davon, dass eine höhere Kategorie unbedingt auch im Interesse der Werft selbst liegen sollte, ist die bisherige Einordnung m.E. auch nicht mehr zutreffend. Das Schiff lässt sich ohne Probleme mit bis zu 6 Windstärken segeln und gut halten und nimmt auch Wellenhöhen bis 2m noch gut mit. Das Schiff ist (wenn die Bauvorschriften eingehalten werden!) unsinkbar, sodass auch vor diesem Hintergrund kein Grund zu sehen ist, hier nicht die Kategorie "C" bescheinigt zu bekommen.


    Interessant ist natürlich, welche Konsequenzen für den Nutzer aus der Einordnung folgen! Kommt es nämlich zu einem Unfall in einem Bereich, für den das Schiff nicht zugelassen ist, haftet der Schiffsführer ohne wenn und aber! Somit würde sich der Einsatzbereich für unsere Lis unberechtigterweise doch sehr einschränken.


    Von daher bin ich der Ansicht, dass sich die Werft umgehend darum kümmern sollte, bei der entsprechenden Zulassungsstelle eine neue Einstufung zu beantragen! Mitbewerberboote werden schon lange mit der Kategorie "C" gehandelt, sodass unsere Lis auf der Kategorie eines besseren Bade- oder Paddelbootes ein ein nicht gerechtfertigtes Dasein fristet.


    Ich bitte die Lis-Segler auf die Werft einzuwirken, um eine Änderung zu bewirken!


    Mast und Schotbruch

    Harald

  • Genau diese Einstufung ist mir auch aufgefallen als ich zwischen der LIS und der Konkurrenz entscheiden musste.


    Wer auf dem Papier Boote vergleicht bekommt den Eindruck dass die LIS eher unsicher sei. Dabei ist Sie weniger rank als viele der anderen Boote aus Kategorie C.

    Am Ende wird alles gut! Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht zu Ende :P

  • Als ich meine LIs gekauft habe, ist mir das auch aufgefallen. Beruflich war ich seinerzeit bei einem nennenswert größeren und komplizierteren Produkt maßgeblich mit einer CE-Kennzeichnung beschäftigt. Deshalb erlaubt mir ein paar Ausführungen:


    Die "CE-Kennzeichnung" ist kein Gesetz, keine Vorschrift und keine Norm. Vielmehr sollen mit der Richtlinie die Sicherheitsmerkmale von Sportbooten in allen Mitgliedstaaten der EU harmonisiert werden und Handelshemmnisse abgebaut werden.


    Für den Besitzer eines Segelbootes entsteht durch eine CE-Kennzeichnung keine Zulassungsbeschränkung oder Betriebseinschränkung, genausowenig wie eine spezielle Zulassungsfreigabe oder Betriebsfreigabe: Ein Befahren eines küstennahen Reviers mit einem Boot der CE-Klasse D ist genausowenig verboten oder fahrlässig wie der Trugschluß, eine Befahren eines küstennahen Reviers mit einem Boot der CE-Klasse C ist automatisch erlaubt.


    Die Konformität eines Produktes mit einer CE-Richtlinie kann sehr einfach z. B. vom Hersteller alleine festgestellt werden. Es ist dazu kein spezielles Gutachten erforderlich. Für unsere Lis gilt aber nicht nur die von Harald herangezogene kleine Tabelle sondern die EU-Richtlinie 2013/53/EU. Das Dokument ist 57 Seiten lang und verweist häufiger auf andere EU-Dokumente.


    Eine Lis hat nach den Angaben des Herstellers die Klasse D, eine Sailart 17 gibt die Klasse C an.


    Ich meine dazu:

    Der Hersteller der Sailart 17 lehnt sich weit raus aus dem Fenster aber irgendwie wird er doch wohl hoffentlich alle 57 Seiten der EU-Richtlinie 2013/53/EU (einschließlich der dortigen Bezüge auf andere EU-Richtlinien) im Sinne der Kategorie C beantwortet haben.


    Für unsere Lis gilt:

    die Richtlinie 2013/53/EU muß getrennt angewendet werden für:

    - eine Lis-Jolle ohne Ballastschwert

    - eine Lis-Jolle mit 30 kg Ballastschwert

    - eine Lis-Jolle mit 80 kg Ballastschwert

    - eine Lis-Family mit 30 kg Ballastschwert

    - eine Lis-Family mit 80 kg Ballastschwert

    - eine Lis-6.0 mit 80 kg Ballastschwert

    - alle o. a. Modelle ohne Motor (sonst wird es nochmal komplizierter).


    Wenn überhaupt, dann sind wahrscheinlich nur die Lis-Family mit 80 kg Ballastschwert und die Lis-6.0 mit 80 kg Ballastschwert im Sinne einer seriösen Konformitätsprüfung nach Kategorie D gebaut

    Die größten Hürden sind zu überwinden im Hinblick auf die Anforderungen zu Auftrieb und Schwimmfähigkeit sowie Höchstlast.

    (wobei es Im Sinne der Richtlinie ratsam wäre, wenn die Werft die Lis-6.0 mit einer Rumpflänge von 5.99 m baut).


    Mit einem entsprechenden Brainstorming gelingt es vielleicht, die Lis Family und die Lis 6.0 in die Kategorie C einzustufen, aber ich wäre nicht glücklich damit.

    Das wäre ein Ergebnis, das nur entstanden wäre, weil es die Wettbewerber so ähnlich machen. Die Besitzer haben davon keinen Vorteil, denn, wie oben erläutert, ist immer der Bootsführer für den Betrieb eines Bootes verantwortlich. Er ist sogar verpflichtet, auf die Anwendung von Richtlinien und Normen zu verzichten, sofern er aufgrund seiner notwendigen Qualifikation erkennt, daß dies unvollständig, falsch oder nicht zutreffend sind und andere Maßnahmen zielführender sind.

    Es ist geschickter, wenn man generell in Prospekten und ähnlichen Medien auf die Angabe der Kategorie verzichtet, weil eine kurze Antwort wie Kategorie C oder Kategorie D immer unvollständig ist.


    Ich selbst kann jedenfalls mit dem jetzigen Zustand leben.

    Gruß

    Karl-Heinz

  • Danke, Karl-Heinz, für Deine ausführliche Darstellung!


    Allerdings bleibt bei mir da doch noch immer eine Unsicherheit zurück. Zum einen ist mir aus einzelnen Artikeln bekannt, dass die Gerichte und auch Sachverständige im Ernstfall auch auf die Einstufung zurückgreifen.

    Zum Beispiel weiß ich von meinem Wohnmobil, dass die Beantragung und Änderung zu einer EU weiten Anerkennung der Daten führt, die in diesem COC Papier angeführt sind. Danach hat nämlich z.B. mein Sprinter eine Zulassung von 3.880 kg Gesamtgewicht, weil dort seinerzeit so beantragt und genehmigt, während im Fahrzeugschein noch die ursprünglichen 3.500 kg vermerkt sind.


    Geht in einem Gewässer, für das die Lis nicht ausgelegt ist, jemand über Bord und ertrinkt, möchte ich nicht in der Haut eines Schiffsführers stecken, unabhängig davon, dass er natürlich immer für alles Verantwortung trägt, was so an Bord passiert!


    Von Senior Gade weiß ich, dass dort schon lange überlegt wurde, die höhere Einstufung zu beantragen. Hierzu wird nach seiner Aussage von einer Zulassungsstelle ein entsprechender Eignungstest des Bootes vorgenommen ,etwa Bestimmung Zeitraum, die das Boot nach Kenterung bei vollgelaufener Kajüte über Wasser bleibt. Aus Erinnerung Dieter Gade müssen hier 10 oder 15 Minuten nachgewiesen werden. Ich habe leider noch nie irgendwo etwas darüber gefunden, was nun für Kriterien für einen solchen Test zu erfüllen sind.

    Dieter Gade hatte hierzu gesagt, bisher ausschließlich aus Zeitgründen einen solchen Test noch nicht gemacht zu haben, wäre aber noch immer geplant!


    Grüße, Harald


    Hallo Harald, hier hat mein Vater wohl eine kleine Erinnerungslücke;)


    In die geschlossene Kajüte kommt bei einer Kenterung kein Wasser rein, selbst bei geöffnetem Einstieg und dann voll gelaufener Kajüte ist die Lis-Family noch manovrierfähig, der Bug sinkt zwar etwas ein, das Boot bleibt aber durch die Auftriebskörper schwimmfähig, ist also unsinkbar so wie versprochen! Und eine Einstufung in Kategorie C muss nicht beantragt werden, diese können wir als Werft selbst festlegen. :)



    Gruß Peter

  • DIe Unsinkbarkeit sollte ja weniger das Problem sein. Zusätzlich könnte im Standard der Bereich unter den Sitzflächen nicht nur mit Styropor gefüllt sondern dicht abgeschottet werden, das wäre doppelte Sicherheit

    Am Ende wird alles gut! Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht zu Ende :P

  • Genau diese Anmerkung ist richtig und wichtig!


    Mein alter Jollenkreuzer aus dem Baujahr 1973, der mich über 40 Jahre ohne Probleme begleitet hat, hatte nämlich absolut dichte Schotten. Bei neueren Booten habe ich gesehen, dass diese von der Kajüte aus entweder ganz fehlen oder nur halb ausgeführt sind mit dem Argument, noch die Beschläge (Curryklemmen der Fockschot etc.) montieren zu können!
    Das ist natürlich Nonsens und kann so nicht gehen: die Füllung mit den vorher in diesen Raum geschobenen Styroporblöcken füllt den Raum bei weitem nicht aus!

    In meinem Boot habe ich daher verlangt, diesen Raum sicher zu verschließen und in die Schottwände dann die aus dem Kanubereich bekannten Deckel einzubauen. Dann kann man/frau noch immer an die Beschläge herankommen und die Deckel mit O-Ring sind anschließend wasserdicht verschließbar.


    Sollte unbedingt Serie werden, nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen genauso, wie die wasserdicht ausgeführten Anschlüsse Schott Heck und Seitenschotts bzw. längs eingebauten Stützschotts zwischen Rumpf und Plicht!

  • ... noch eine Anekdote zu meinem Beitrag zuvor:


    bei einer Regatta am Rursee wollte ein Lis-Jollenkreuzer Eigner es wissen und hat alles über Bord geworfen, was Ihm als Belastung erschien. Hierzu hatte er auch die oben erwähnten Kajüt - Schottwände weggemeißelt und - die Styroporblöcke rausgezogen (weil ja so schwer:/), den Kajüt Deckel ebenfalls weg - wiegt ja auch:whistling:


    Es kam, wie es kommen musste, der ehrgeizige Skipper kenterte und die Lis lief innerhalb von Sekunden voll. Wie die Titanic ging der Jollenkreuzer mit dem Bug voran in die Tiefe, ein kurzes Zischen im Heck und - weg war die Lis:thumbdown:


    Auf 45m Tiefe (Rursee!) wurde sie dann von Sporttauchern aufgebracht und später geborgen - ein teurer Spaß für den ambitionierten Regattasegler;(!


    Also merke: geschlossene Schottwände haben was für sich und dies war so sicher kein Boot der Kategorie C;)

  • Mit der CE-Kennzeichnung wird viel Schindluder getrieben, größtenteils aus Unkenntnis. Auch ich bin da kein Rechtsexperte und kann mich noch gut daran erinnern, wie wir auf endlosen Sitzungen in Brüssel und Paris rumgeeiert sind.


    Wie gesagt/geschrieben: Die CE-Kennzeichnung ist kein Gesetz und keine Norm. Sie besagt nur, daß das Produkt allen dazu existierenden EU-Richtlinien genügt (im vorliegenden Fall nur der 2013/53/EU). Der Betreiber eines Produktes handelt nicht fahrlässig, wenn er die Richtlinien nicht kennt (oder kennt Ihr die CE-Richtlinien für Euer Auto oder Fahrrad ... ?)

    Das in irgendwelchen Havariefällen Gutachter (leider häufig erfolgreich) mit CE-Kennzeichen um sich schießen, ist leider nicht immer richtig. Dagegen kann man sich durchaus zur Wehr setzen.


    Nun aber zur Richtlinie:

    Nur in den Anhängen der 2013/53/EU sind die Anforderungen an Boote beschrieben. In dem Richtlinientext steht fast nur Formalkram.

    Die Anforderungen im Anhang handeln überwiegend von eingebauten Motoren, Abgas- und Geräuschvorschriften usw.

    Es wird bei den Anforderungen weitestgehend auf das Heranziehen von (EU-harmonisierten) Normen verzichtet. Das ist auch gut so.


    Wenn da nun z. B. gefordert ist:


    "Stabilität und Freibord des Wasserfahrzeuges müssen der Entwurfskategorie gemäß Nummer 1 und der vom Hersteller empfohlenen Höchstlast gemäß Nummer 3.6 ausreichend sein"


    dann hat der Hersteller (die Werft) ziemlich viel Spielraum, sich aus dem Fenster zu lehnen. Wenn der Hersteller aber ängstlich ist, und einen "Experten" heranzieht, der vom Segeln keine Ahnung hat, aber das Normenwerk kennt, dann sagt der "Experte" möglicherweise: "... das Nachweisverfahren dazu ist in der Norm ... beschrieben ...".

    Häufig ist die Norm viel aber zu kompliziert und unrealistisch für das Produkt. Die Norm ist zudem kein Gesetz und keine Vorschrift, sie kann immer durch beliebige gleichwertige Verfahren ersetzt werden.

    Durch das Zitieren irgendeiner Norm wird vermutlich das von Harald genannte Beispiel mit dem Volllaufen nach Kenterung und der Schwimmfähigkeit für 10 ... 15 Minuten dabei entstanden sein.

    Man könnte natürlich auch formulieren: Nach einer Kenterung kann/könnte zwar Wasser ins Boot laufen, aber weil eine Lis ratz-fatz wieder aufgerichtet werden kann, ist die Schwimmfähigkeit nach Kenterung kein Thema. (Das ist jetzt ein etwas übertriebenes Beispiel und soll nur meine Ausführungen verständlicher machen).


    Fazit: Anhand der Richtlinie erscheint eine Einstufung nach Kategorie C realistisch. Dazu ist aber die Unterstützung eines geeigneten (mutigen) "Experten" hilfreich. Des weiteren ist eine Fachdiskussion mit Wettbewerbern durchaus sinnvoll (unter Berücksichtigung von den entsprechenden Gesetzen im Hinblick auf Markabsprachen ...). Man sollte auf jeden Fall wissen, wie andere (Wettbewerber) zu dem Thema argumentieren. Auf jeden Fall sollten sich Wettbewerber hierzu nicht gegenseitig angreifen bzw. angreifbar machen.


    Wenn ich noch mehr dazu schreibe, dann kostet es Beraterhonorar für die Werft, davon kaufe ich mir im Frühjahr dann neue Segel.

    Gruß

    Karl-Heinz

  • ...obwohl: der Werft täte es ganz gut, so einen kompetente Berater zu haben - das müsste mehr als ein Satz neuer Segel wert sein;)


    Versuch Dich doch mal , lieber Karl - Heinz, schlau zu machen, was nun da wirklich gemacht werden muss. Ruf doch den Senior mal an - der hatte sich ja irgendwann offensichtlich mit dem Thema auseinandergesetzt. Als Rentner könnten wir uns ja engagieren und vielleicht den notwendigen Test mit arrangieren:/


    Das zu den guten Vorsätzen im neuen Jahr;)

  • Ich finde die Sicherheit der LIS ist schon sehr gut.


    Da ich vor allem wegen meinem stets in Lee sitzenden kleinen Sohn viel Sicherheit benötige habe ich ein sonderangefertigtes Schwert (ca. 100 Kilo).


    Ich habe Peter Gade angeboten dass wir meine LIS auf dem Wasser mal auf 90 Grad umlegen und am Masttopp mit einer Kofferwaage messen wie viel Kilo aufrichtendes Moment vorhanden ist. Das ganze könnte man dann mal auf Video und Fotos festhalten und veröffentlichen. Ich glaube das Ergebis kann sich sehen lassen. Gefühlt ist die LIS beim Segeln noch steifer als meine ehemalige Dyas und auch kennt die LIS nicht die nervigen Dreher (Sonnenschüsse) wie z.B. die Varianta sehr früh macht. Das Heck der LIS hebelt nicht so schnell aus dem Wasser und das Ruder gräbt kein Loch ins Wasser. Die Dyas habe ich gerne extra auf die Seite gelegt, die hat sich dann auch massiv gedreht.

    Die LIS ist segelt da sehr ausgewogen und erinnert mich manchmal an das Segeln mit den Folkebooten (Langkieler) obwohl da ja Welten zwischen liegen.


    Laut Peter Gade ist auch wohl noch kein Fall von einer Kenterung einer Family bekannt (auch nicht mit 30 Kilo Schwert).


    Mein Schwert wurde über die gesamte Länge breiter gemacht und Blei anlaminiert. Lieber wäre mir da eine Bombe gewesen, die wäre aber sehr klein gewesen da die ja nicht in den Schwertkasten rein passt. Wenn der Schwertkasten geändert würde und unten bei etwa 1,25 Meter Tiefe beim schmalen Schwert noch eine Bombe mit den 20 zusätzlichen Kilos angebaut worden wäre, würden diese natürlich viel besser wirken. Aber das sind vielleicht zu viele Innovationen :sleeping:

    Am Ende wird alles gut! Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht zu Ende :P

  • ....kann ich nur rundherum bestätigen!


    Als Alleinsegler mit meiner Family, die nur den 30 kg Ballast hat und trotz Windstärken von 5 bis 6, bei denen ich noch draußen bin (und die Holländer weg;)), habe ich es noch nicht geschafft, den Segler auf die Seite zu legen:!: Und dies trotz des Umstandes, auch das Schwert (schon wegen meist niedriger Wassertiefe um 1m) nur max. halb ausgefahren zu haben.

    Bei starken Böen legt sich das Schiff natürlich auch hart auf die Backe, sodass dann etwas Wasser in die Plicht läuft, aber das war es dann auch! Siehe Beispiel nachfolgendes Bild von Thomas und mir bei hartem Wind!

  • In die geschlossene Kajüte kommt bei einer Kenterung kein Wasser rein, selbst bei geöffnetem Einstieg und dann voll gelaufener Kajüte ist die Lis-Family noch manövrierfähig, der Bug sinkt zwar etwas ein, das Boot bleibt aber durch die Auftriebskörper schwimmfähig, ist also unsinkbar so wie versprochen! Und eine Einstufung in Kategorie C muss nicht beantragt werden, diese können wir als Werft selbst festlegen.

    ...das ist ein Zitat in meinem Beitrag 4 von Peter Gade, der dort direkt im Beitrag kommentiert hat. Damit das nicht unter geht, hier noch einmal! Er wird sich zu dieser Thematik allerdings noch einmal gesondert melden und seine Kenntnisse zu diesem Thema in den nächsten Tagen vortragen - also sind wir mal gespannt:thumbup:


    Grüße, Harald

  • In diesem Thread ist leider Ruhe eingekehrt und ich möchte heute die Gelegenheit ergreifen, hier eine weitere und sehr durchgreifende Verbesserung vortragen. Hintergrund ist auch die hier gelaufene Vorschlag zur Änderung der Auslegungskategorie von D nach C, dem die Werft nachkommen will.


    Mit dem Neubau meiner Cora III hatte ich nämlich vorgeschlagen, ein besonderes Augenmerk auf die Abdichtung der Seitenschotten zu legen. Hierzu hatte ich gebeten, insbesondere die Seitenstringer (auch Längsschotten bezeichnet) unbedingt mit wenigstens drei zusätzlichen Lagen mit dem Rumpf zu verbinden, um nicht zuletzt die Stabilität im Bereich der Trailer Auflagen zu verbessern.

    Weiterhin hatte ich gewünscht, die Verbindung Deck/Rumpf (Bereich Süllrand) von innen zuzugießen und darauf zu achten, die Schottwände zum Heckkasten und zur Kajüte hermetisch abzudichten.

    Die Schottwände zur Kajüte wurden nach Vorgabe darüber hinaus sowohl backbord und steuerbord mit einem absolut wasserdichten Inspektionsdeckel, der auch in Rettungsbooten Einsatz findet, ausgerüstet (gibt es in durchsichtig und in schwarz, siehe Bild 3).

    Der Deckel hat einen freien Durchgang von 180 mm, sodass sehr einfach dieser Innenraum - auch zur Lagerung von Segelutensilien (die ja immer irgendwo herumfliegen) genutzt werden kann und daher auch....kein Einsatz mehr der Styroporblöcke!


    Da wird nun der ein oder andere staunen, denn wie sieht es - siehe auch Threadthema - mit der Sicherheit aus. Grundidee, die hierhinter steckt, ist eine sehr alte und bis heute in den meisten Schiffen angewandte Technik der dichten Schotten. Die berühmte Titanic war eins der ersten Schiffe, die sich stolz einer solchen Technik rühmte und die auch nie untergegangen wäre, wenn nicht ein Eisberg direkt auf einer Seite fast alle Schotts aufgeschlitzt hätte. "Die Schotten müssen dicht sein" - so der Spruch der Bootsleute seit langer Zeit!


    Nun ist es vermessen, die Lis mit der Titanic vergleichen zu wollen, aber der absolut ideale Bau mit den nun schon statisch vorgegebenen Wänden lädt geradezu ein, auf diese Technik zurückzugreifen. Also wurde (zum Leidwesen der armen Mitarbeiter, denn viel Platz ist da ja nun gerade nicht in diesen Seitentanks - es wurde dann immer der Kleinste ausgewählt<X) nicht nur zulameniert, sondern auch noch am Schluss mit Gelcoat ausgestrichen! Dies unter dem Hinweis, pingelig auf Dichtigkeit zu achten, da ich Schlusstest angedroht hatte=O!


    Hierzu hatte ich einen zusätzlichen Deckel mit Autoventil präpariert und eine kleine, prov. Kammertest Druckanlage entworfen (Bild 2). Nach Abstimmung mit dem Senior Dieter Gade und mehrfachem Nachrechnen haben wir den Maximaldruck auf 0,05 bar festgelegt und getestet: erst einmal undicht:rolleyes:. Also wieder hinein und nochmals Gelcoat nachtragen und dann die Erlösung ....alles perfekt dicht nach dem Motto: wo keine Luft rausgeht, kommt sicher auch kein Wasser mehr rein.

    Jetzt könnte man/frau sich fragen, was dies soll und was dies mit dem Thema des Threads zu tun hat ? Ganz einfach: die Lis - Family hat auf diese Weise auf einen Schlag einen zusätzlichen Auftrieb von sage und schreibe gut 200 l bekommen, womit die Sicherheit erheblich verbessert wird. Des weiteren wird die Statik durch diese Maßnahme maßgeblich verbessert und ... der geplagte Segler hat auf dem Schiff nun zwei Stauräume mehr (die beim Segeln natürlich hermetisch verschlossen sein müssen).

    Nun wird der ein oder andere einwenden, was denn passiert, wenn ein Loch in den Rumpf gefahren wird und das Styropor fehlt: gar nichts, wenn die Schotten dicht sind!!!

    In einem solchen Fall würde Wasser nämlich nur max. bis zur Wasserlinie eindringen (etwa 100 -120l) und es könnte ganz normal weitergefahren werden, der Restauftrieb des Schiffes würde immer reichen (Bild 4)! Wären die Schotten nicht dicht, würde - mit und ohne Styropor - das gesamte Schiff geflutet und es gäbe nasse Füße!

    Sollte jemanden diese Sicherheit noch immer nicht reichen, könnten jederzeit nachträglich die im Handel erwerbbaren Auftriebssäcke eingeschoben werden - notwendig sind diese jedoch nicht.

    Christian hat sich diesem Umbau angeschlossen (Bild 1, Ausbauzwischenstadium) und auch eine 6.0 wurde nun schon mit dieser Neuerung ausgeliefert. Die Werft hat sich entschlossen, diese Umbauidee anzunehmen und zukünftig in allen Neubauten anzuwenden! Damit entspricht diese Änderung auch Prüfvorgaben i. S. der Kategorie C, wonach eine Druckmessung bei vorhandenen, geschlossenen Schotträumen angewandt werden soll!


    Grüße, Harald

  • Hallo Harald,


    Wo in der EU-Richtlinie ist beschrieben, daß eine Druckmessung bei vorhandenen geschlossenen Schotträumen angewandt werden soll.

    Zur Zeit gilt die Richtline 2013/53/EU. Anforderungen sind dort im Anhang festgelegt.

    Ich habe diese Richtlinie ziemlich genau studiert und finde keinerlei Hinweis darauf. Auch sind keine weiteren Schriftstücke (EN-Normen) herangezogen.

    Inzwischen bin ich der Meinung, daß eine seriöse Bewertung der Lis im Hinblick auf die Kategorien C und D eine Einstufung nach C nicht erlaubt. Der wesentliche (aber nicht einzige) Grund dafür ist meiner Meinung nach die zu weit heruntergezogene Einstiegsluke im Schott. Diese müßte bis etwa Sitzbankhöhe hochgezogen werden (Dann kann nämlich die Plicht bei der Wellenhöhe nach C vollschlagen und das Wasser danach selbstständig durch die Lenzöffnungen abfließen, ohne daß die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt wird). Das habe ich seinerzeit auch mal mit der Werft diskutiert.

    Wenn ich mich irre, kläre mich auf.

    Gruß

    Karl-Heinz

  • Die Frage bitte ich direkt an den Senior Dieter Gade weiterzugeben, der sich zur Zeit mit dieser Thematik beschäftigt und im Detail diese Dinge aufstellt (siehe # 4). Er hat wohl - so wie ich das verstanden habe - einen Kriterienkatalog vorliegen, wonach auch eine dieser Kriterien besagter Drucktest über einen festgelegten Zeitraum ist. Zumindest hatte er mir einen Abschnitt aus diesem Regelwerk gezeigt!

    Du bist ja öfters in der Werft und kannst Ihn dann selbst fragen!

  • Die luftdichten Auftriebskörper haben ungeahnte Vorteile:


    1. Höhere Festigkeit vom Rumpf durch komplett verschlossene und einlaminierte Schotten, die genau den Rumpf an den Püttingen stützen

    2. Höhere Festigkeit vom Rumpf an Trailerauflagen

    3. Höhere Festigkeit vom Deck in der Plicht

    4. Gewichtsreduktion von ca. 10 KG wegen Verzicht auf Styropor

    5. 200 Liter mehr Auftrieb!

    6. riesiger zusätzlicher Stauraum

    7. keine Gefahr von Feuchtigkeit und Schimmel in nicht erreichbaren Bereichen und Styroporplatten


    Wer mit der LIS Urlaubsfahrten macht wird die Problematik mit dem Stauraum kennen. Die Auftriebskörper haben sehr viel Platz und können dank der großen Deckel sehr gut genutzt werden. Selbst wischen mit einem Bodenwischer geht da drin sehr gut!

    Ich habe Paddel, Masthalter, Anker, Schleppleinen und so lose Sachen permanent da hinten verstaut. Die Kajüte ist jetzt schön aufgeräumt! Weiterer Vorteil ist dass die Sachen wegen der runden Rumpfform schön in der Mitte liegen bleiben.

    Im Urlaub werde ich viel Verpflegungsdosen und kleine Taschen (Waschtasche, Werkzeugtasche) sowie Dinge die auf keinen Fall Wasser abbekommen dürfen (Autoschlüssel, Ladegeräte) im Auftriebskörper verstauen.


    Wer die Vollkaskomentalität hat, sollte sinnvollerweise zusätzliche Auftriebskörper unter dem Plichtboden verstauen im hintern Teil der sowieso nicht nutzbar ist.

    Man könnte auch 3 kleine Auftriebskörper mit je 35 Litern (kleinste Größe) im hinteren Teil der Auftriebskörper unterbringen, dann bleibt vorne immer noch sehr viel zusätzlicher Stauraum und der Platz unter der Plicht frei! Damit wäre dann genauso viel Auftrieb wie mit dem Styropor vorhanden und zusätzlich noch viel Luft zusätzlich, mehr Sicherheit geht gar nicht.


    Die Whale-Deckel wurden uns von mehreren Ausrüstern empfohlen da die zertifiziert sind und seit über 20 Jahren auf großen Yachten in Wassertanks als Reinigungsmöglichkeit eingebaut werden und es damit keine Probleme gibt. Toll ist dass man den Deckel mit nur einer Hand abdrehen lässt, so ist man blitzschnell an den Sachen.





    Am Ende wird alles gut! Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht zu Ende :P

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  • ....und 8. Entlastung der Backskiste und damit Gewichtsverlagerung nach vorne!!! Ich habe mir erlaubt, Christian, Deinen Katalog in #17 zu erweitern;)


    Das ist auch ein wichtiger Punkt, den ich im Thread Modellpflege ja schon angesprochen habe: die Backskiste so weit wie möglich entlasten und das "Geraffel" nach vorne führt zu besseren Segeleigenschaften, da sich das Heck dann nicht "festsaugen" kann!


    Grüße, Harald

  • Hallo zusammen,


    hier ist ja eine tolle Diskusion im Gange, das finde ich super, nur so kann unsere Lis immer wieder verbessert werden. Wie Harald schon beschrieben hatte, haben wir bei seiner neuen Lis-Family die Seitentanks von innen noch mal zu laminiert und die Schotts dann mit einem verschließbaren Deckel versehen.

    Wir hatten bisher durch die Styroporkörper zwar genug Auftrieb, damit die Lis-Family unsinkbar ist. Durch die nun wasserdichten Seitentanks erhöhen wir den Reserveauftrieb nochmal deutlich an, was der Sicherheit an Bord zugute kommt.

    Ich finde allerdings, dass zusätzliche Auftriebskörper noch Sinn machen, ob das Styropor oder aufblasbare Auftriebskörper sind spielt eigentlich keine Rolle. Solange die Schotten dicht sind, wie Harald so schön sagt, ist alles gut, aber sollte doch mal ein größerer Schaden am Boot sein, finde ich Auftriebskörper immer noch unerläßlich.

    Diese Neuerung werden wir ab sofort bei allen neuen Booten umsetzen. Die weiteren Änderungen, die Harald an seinem neuen Boot hat sind in der Prüfung.


    Ich wünsche allen Seglern einen tollen Saisonstart


    Peter Gade

  • Hallo Herr Gade,


    auch hier wäre es interessant mal für alle einen Preis zu nennen was eine Nachrüstung bei Bestandsbooten kosten würde. Dann kann jeder selbst für sich entscheiden ob der Aufwand sich lohnt ;)

    Am Ende wird alles gut! Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht zu Ende :P